Kleindenkmäler im Berchtesgadener Talkessel
Frauengruppe „Tee-nach-Sieben“: Bilder-Vortrag von Alfred Spiegel-Schmidt im evangelischen Gemeindehaus am 27. Juni 2019
Auch in diesem Sommer schenkte Alfred Spiegel-Schmidt der Gruppe Tee-nach-Sieben wieder einen Abend mit Heimatgeschichte: Diesmal ging es auf Entdeckungsreise zu mannigfaltigen Kleindenkmälern im Berchtesgadener Talkessel. Auf einer Bilder-Wanderung vom Hangenden Stein bis in die Ramsau wandte sich Spiegel-Schmidt dabei vor allem Bildstöcken und Marterln zu, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen und eindringlich vom oft schwierigen Leben der Menschen vor Ort berichten. Denn viele dieser Bildstöcke waren die ersten christlichen Denkmäler, die vom Volk aufgestellt wurden, nicht vom Stift in Berchtesgaden.
Zur Begrüßung zeigte Spiegel-Schmidt eine Tafel am Hangenden Stein, gesetzt von Propst Gregor Rainer, auf der den ins Land Eintretenden sowie den dort Lebenden der Wunsch nach Frieden mitgegeben wurde und auch heute noch wird. Von der wechselhaften Geschichte des Berchtesgadener Landes erzählten zum Beispiel der Grenzstein am Eckersattel mit österreichischen und bayerischen Initialen auf den gegenüberliegenden Seiten; oder die Brunnensäule des Propstes Balthasar Hirschauer (regierte zwischen 1496 und 1508), die den lange umstrittenen Berchtesgadener Gebietsanspruch dokumentierte; oder das Sühnekreuz beim Schellenberger Turm, das an die Toten des erbitterten Kampfes von 1382 erinnert, zwischen den Soldaten des Salzburger Erzbischofs Pilgrim und denen des eingefallenen Herzogs Friedrich von Bayern.
Neben Kriegen beherrschten früher auch Krankheiten, Armut und vor allem die Pest das Leben der Menschen, die aus ihrer Not heraus oder als Dank für Hilfe dann oft Bildstöcke setzten. So findet sich heute an der Schellenberger Kirche St. Nikolaus die sogenannte Pestsäule: 1625 wütete die Pest in Salzburg, und diese Säule könnte zur Abwehr der Seuche an der Grenze aufgestellt worden sein. Die Gedenksäule am Gatterlweg, die an die beiden an der Hammerstielwand abgestürzten Kinder erinnert, war vielen ZuhörerInnen bekannt; die Danksäule am Gerer Fußweg wegen Hilfe bei „großer Wassergefahr“ dagegen weniger. Auch das Marterl für den Jäger Rupert Huß in der Koch-Sternfeld-Straße, der von einem Wilderer erschossen wurde, und dann das Marterl am Brandkopf für Anton Graßler, der von einem Jäger erschossen wurde, erzählten ihre bewegenden Geschichten aus der Vergangenheit.
Alfred Spiegel-Schmidt zeigte an dem Abend noch viele weitere interessante Bilder mit den dazugehörigen Geschichten, die er über die Jahre mit viel Wissen angesammelt hatte . Zum Abschluss ging es noch zum Totenbrett am Bindenkreuz, zum Kreuz am Seehorn für eine im August 1823 bei einem Schneesturm erfrorene Sennerin und zur Totentafel für eine zwischen Schottmalhorn und Niederbrunnsulzenkopf 1631 „seliglich entschlafene“ Frau. Eindringlich berichteten all diese Kleindenkmäler vom Leid und der Not der Menschen aus früheren und heutigen Zeiten, aber auch von ihrer Religiosität und von ihrem Sinn für Schönheit.
Text: Ursula Kühlewind, Fotos: Günther Kühlewind