Bach's Weihnachtsoratorium
am 4. Januar 2025 in der Berchtesgadener Christuskirche
Es gehört zur evangelischen musikalischen Tradition, zur Weihnachtszeit Johann Sebastian Bach's Weihnachtsoratorium in der Kirche aufzuführen. So auch kürzlich geschehen in der Berchtesgadener Christuskirche, wo das auf Barockmusik mit Originalinstrumenten spezialisierte Ensemble „Gradus Ad Parnassum“ aus München aufgetreten ist.
Das Weihnachtsoratorium besteht aus sechs einzelnen Kantaten, die Bach im Jahre 1734 für die Weihnachtsfeiertage – also die drei Weihnachtstage, Neujahrstag, Sonntag nach Neujahr und Epiphanias (Dreikönigstag) – geschrieben und im jeweiligen Gottesdienst auch aufgeführt hat. Neben dieser Aufführungspraxis ist es heute auch üblich, alle sechs Kantaten als einheitlichen Zyklus (mit durchgehender Handlung und den gleichen Personen) gemeinsam darzubieten. Hierfür hat sich – mit einigen Kürzungen – auch „Gradus Ad Parnassum“ entschieden. Herausgekommen ist ein musikalisch und stimmungsmäßig außerordentlich eindrucksvolles Erlebnis.
Die räumlichen Bedingungen lassen – wie vielfach andernorts auch – nur eine kammermusikalische Zahl von Mitwirkenden zu. Dies zu organisieren, ohne dass der Charakter und Klang der Musik spürbar leidet, ist dem musikalischen Leiter und Organisator Felix Thiedemann aus Tübingen voll gelungen. So waren gerade einmal sieben Singstimmen für Soli und Chor und elf Instrumentalisten im Einsatz! Herausgekommen ist ein erstaunlich fülliger und ausgewogener Gesamtklang, zu dem auch die günstigen akustischen Verhältnisse der Kirche beigetragen haben.
Das Vokalensemble hatte die nicht leichte Aufgabe, solistische wie chörige Nummern vorzutragen. Diese Aufgabe wurde exzellent gelöst. Klemens Mölkner als Evangelist und Santiago Garzon-Arredondo als Herodes überzeugten ebenso wie Maria Palaska als Engel und Livia Kretschmann als Maria. Dementsprechend erklangen die Chor- und Choralsätze je nach Situation erregend, beruhigend oder festlich und dabei stets so volltönend, dass man einen viel größeren Chor zu hören glaubte.
Und die Instrumentalisten standen dem in nichts nach. Streicher wie Bläser brachten solistisch ebenso wie im Tutti den typischen Barockklang hervor. Erwähnt sei die Konzertmeisterin, Henriette Otto-Dierßen, mit dem Violinsolo zur Arie „Schließe mein Herz“ und dann zusammen mit dem zweiten Geiger, Rodrigo Aros, in dem Violinduo der Kantate „Ich will nur dir zu Ehren leben“, die an das Bach'sche Doppelkonzert erinnert. Einen dankbaren Part hatten auch Katharina Haun mit dem Zink, einem klanglichen Vorgänger der Trompete, sowie Olga Kuznetcova und Ludovic Achour, die mit ihren Oboen für den pastoralen Klang sorgten. Bemerkenswert auch, dass es keines Dirigenten bedurfte, weil man so aufeinander eingespielt ist.
Lang anhaltender Beifall belohnte das Ensemble für die gelungene Aufführung. Einen passenderen Abschluss der Weihnachtszeit kann man sich nicht denken. Als „Zugabe“ sangen die Zuhörer auf Einladung der Künstler noch mit ihnen den Choral „Ich steh an deiner Krippen hier“ – ein schönes Zeichen innerer Verbundenheit.
Fazit: Eine stimmige und stimmungsvolle Darbietung.
Text: Roland Beier, Foto: Alexander Stocker