Reformationstag 2020 – Gottesdienst in der Christuskirche
Einerseits die Internet-Suchmaschine, die zum Begriff „Reformationstag“ vorwiegend auflistet, wo dieser Tag als Feiertag gilt und welche Öffnungszeiten der Geschäfte dann zu beachten sind. Andererseits der sehr gut besuchte und Mut machende Feiertags-Gottesdienst von Pfarrer Dr. Josef Höglauer in der evangelischen Christuskirche, der dem Bedürfnis der Menschen gerecht wurde, Kirche und Glauben lebendig zu halten, gerade auch unter den Einschränkungen der beunruhigenden Corona-Zeit.
Kirchenmusikerin Monika Nestle ließ zur Einstimmung an der Orgel die vertraute Melodie von Gott, als der festen Burg, erklingen, das wohl bekanntestes Lied Martin Luthers. Mit dem Wochenspruch für den Reformationstag zeigte Pfr. Höglauer dann gut nachvollziehbar den roten Faden auf, der sich durch den Gottesdienst zog: Paulus sah den Grund allen Glaubens in Jesus Christus – diese alte Botschaft immer wieder neu zu entdecken, für die eigene Zeit auszulegen, das sei Reformation, so Höglauer. Er übernahm das Matthäus-Evangelium über die Aussendung der Jünger, gelesen von KV-Mitglied Irmela Leubner, um in seiner eindrucksvollen Predigt zu zeigen, wie aktuell diese Worte für die heutige Zeit sind.
Jesus sandte damals, nach einer Zeit der Belehrung, seine Jünger aus, um allen Menschen seine Botschaft zu bringen: „Verkündigt es auf den Dächern.“ Pfr. Höglauer übersetzte nun diese Worte in die modernen Möglichkeiten heute, die sozialen Medien, die allerdings oft das genaue Gegenteil darstellen: Wenn echte Gespräche und Nachdenken fehlen und eigentlich nachvollziehbarer Ärger in Wut und Hetze umschlägt. Dann fehle, was genau den christliche Geist ausmache, dass Menschen erst (zu-)hören, dann abwägen und nachdenken und danach erst reflektiert reden, also an die Öffentlichkeit gehen. Gerade Luther hatte erst nach Jahren der Gespräche mit Theologen und Studenten, nach langem und vertieften Nachdenken seine Thesen veröffentlicht. Und von Luther stammen auch die beiden zusammengehörenden und heute ebenso gültigen Sätze, dass jeder Christenmensch ein freier Mensch sei – und gleichzeitig ein Diener seines Nächsten.
Pfr. Höglauer war es gelungen, in seinem Gottesdienst zum Reformationstag zu zeigen, welch große Verantwortung Kirche und Gesellschaft heute nach wie vor tragen, wie sehr dabei das Hören auf Gottes Wort wieder erlernt werden müsse, um Gott als den so nötigen Schutz in beunruhigenden Zeiten erfahren zu können. Und wie wichtig es sei, das Zuhören untereinander zu üben, um offen zu bleiben und nicht die eigene Meinung für allgemeingültig zu halten. So bleibe der Mensch lebendig, sein Glaube und damit die Anliegen der Reformation.
Ursula Kühlewind