Der Berchtesgadener Anzeiger berichtet am 25.03.2023:
Noch anwesend und schon vermisst
Diakon Markus Sellner verlässt Berchtesgaden nach 15 Dienstjahren – Wechsel nach Bad Reichenhall
Berchtesgaden – Die evangelische Gemeinde in der Region schrumpft und so stand seit längerem fest, dass die dritte Pfarrstelle »eingespart« wird. Diakon Markus Sellner, der sie seit etwa 15 Jahren betreut, hat daher schon längst gewusst, dass er im kommenden Jahr von Berchtesgaden Abschied nehmen muss. Nun ist es noch schneller gegangen. Markus Sellner tritt bald seinen Dienst in Bad Reichenhall an, wo er zwei halbe Stellen ausfüllen wird, sich um die Klinikseelsorge kümmern und daneben als Kur- und Tourismusseelsorger wirken wird. Am Sonntag wurde der Diakon offiziell in einem emotional aufgeladenen Gottesdienst, den er selbst zelebrierte, in der Christuskirche verabschiedet.
Nicht nur Vertreter von Markus Sellners verschiedenen Wirkungsstätten, die katholische Gemeindehelferin, Birgit Hauber, natürlich Pfarrer Dr. Josef Höglauer und Pfarrer Christian Gerstner, aber auch Pfarrer Peter Schulz, mit dem der Diakon einen langen gemeinsamen Weg bestritten hatte, waren zum auch sonst gut besuchten Gottesdienst gekommen. Es gab viel Lob und Dank an den Diakon, dessen langes Wirken im südlichen Landkreis sichtbar viele Spuren hinterlassen hat. Er selbst zelebrierte, nach kurzer Einleitung von Dr. Josef Höglauer, den Festgottesdienst. Letztmalig, wenn er nicht irgendwann als Gast zurückkehren wird, an vertrauter Stelle.
Als Roten Faden seiner Predigt hatte sich Markus Sellner eine Situation ausgesucht, die das Erdbeben in der Türkei und in Syrien mit sich brachte. Ein Mann, der sich retten konnte, telefonierte mit seiner verschütteten Ehefrau. »Ich bin da«, sagte der Mann und war die ganze Zeit bis zur Rettung mit seiner Ehefrau verbunden. Der Prediger nahm dies als Symbol. Auch Gott sei immer da, wenn ihn der Mensch brauche, er lasse nicht nach in seiner Liebe. Erdbeben werde es immer geben, aber sie hätten nicht die Kraft, Gottes Liebe zu zerbrechen. Die Geschichte Gottes habe es vor tausenden Jahren gegeben und sie bestehe weiterhin und werde weiterhin bestehen, war die Kernaussage der Predigt des Diakons. Häuser könne man durchaus erdbebensicher bauen, Menschen nicht.
Dr. Josef Höglauer, der dem Diakon zum Abschied den Segen für sein weiteres Leben und Wirken mit auf die relativ (geografisch) kurze Reise mitgab, würdigte die Leistungen, die Markus Sellner in den 15 Jahren seines Hierseins erbrachte. »Du hast viel bewirkt und viel bewegt. Du bist Menschen in den schweren Stunden des Lebens beigestanden, wenn am Friedhof Abschied genommen wurde.« Er sei in einfühlsamer Weise auf die Menschen eingegangen, habe die Menschen auf ihren Glaubens- und Lebenswegen begleitet, habe sich um die Senioren wie die Kindergartenkinder in vorbildlicher Weise gekümmert. »Es war einfach toll, alles was du gemacht hast.«
Die Gemeinde und alle Gäste waren im Anschluss an den Gottesdienst zum Empfang im benachbarten Pfarrsaal eingeladen. Zuvor gab es aber noch im Kirchenraum eine kleine Reihe von Grußworten: Ramsaus Bürgermeister Herbert Gschoßmann, der im Namen seiner vier Kollegen des Talkessels sprach, sagte, in Zeiten, in denen der Sinn von Kirche hinterfragt werde und sich Kirchenaustritte häuften, deute alles darauf hin, dass es vor allem Menschen wie Markus Sellner wären, die den Sinn der Kirche verkörperten: Da sein für alle, die Trost suchen, sich in scheinbar hoffnungsloser Lebenssituation befänden oder denen Einsamkeit und Schmerz tägliche Begleiter seien. Trost spenden, Hoffnung und Zuversicht vermitteln, da sein, Hand halten, tröstende Worte, aufmunternde Blicke senden, zeigen, dass niemand allein ist. Das sei, so Herbert Gschoßmann, das, was Kirche ausmache. Und wer so wirke, brauche den Sinn der Kirche nicht zu erklären, weil er ihn täglich lebe. Zu diesen zähle er Markus Sellner. Er dankte für sein Wirken im Talkessel und wünsche alles Gute. Hungern jedenfalls muss der Diakon im nahen Bad Reichenhall nicht, denn er bekam einen Brotzeitkorb mit auf die kurze Reise. »Ois Guade, guaden Appetit und machen Sie's gut.«
Grußworte, verbunden mit einem kleinen Abschiedsgeschenk und einer Umarmung, richteten auch Menschen an den scheidenden Diakon, mit denen er in den vergangenen 15 Jahren in verschiedener Weise zusammen gearbeitet hatte. So Birgit Hauber, die an Momente der ökumenischen Arbeit erinnerte. »Ich habe mich in dieser Zusammenarbeit immer sehr wohl gefühlt. Und ich habe dich erlebt, wie herzlich und einfühlsam du den Menschen zugewandt bist.«
»Du wirst fehlen und die Spuren, die Du hinterlassen hast, werden lange sichtbar bleiben.« Heike Winkler als Vertreterin der Insula sagte, dass man im November vom Weggang Markus Sellners erfahren habe, aber nicht wusste, dass es nun so schnell geht und sich bereits intern verabschiedet habe. Lena Kurz bedankte sich für den Kirchenvorstand und wünschte, dass »das Feuer, das Du hier entfacht hast, weiter brennen wird«. Er solle das Feuer auch mit zur nächsten Stelle nehmen, aber sich nicht verheizen lassen, wünschte sie ihm. Roswita Bobek, die die erkrankte Ursula Kühlewind vertrat, hob unter anderem die Geduld von Markus Sellner hervor, die er brauchte, um mit den Damen von »Tee nach sieben« einen bestimmten Tanz »mit Deiner ansteckenden Begeisterung« einzustudieren. »Es ist traurig, dass Du weggehst.«
Das letzte Wort hatte Diakon Markus Sellner, der sich noch einmal bei allen bedankte, die ihn bei seiner Arbeit begleiteten. »Danke, dass ich hier sein durfte«, was ja, sagte er lächelnd, im Talkessel nicht so einfach sei. Und letztlich galt sein Dank auch dem Herrgott, »dass er mir die Kraft für diesen Dienst gegeben hat.«
Dieter Meister
Weitere Bilder von der feierlichen Verabschiedung von Diakon Markus Sellner finden Sie hier.