Dieter Meister berichtet am 26. Mai 2023 im Berchtesgadener Anzeiger:
Viel Schwung und ein wenig Eisenhut
»Serenade« mit Mascha-Brass und einem scheinbar ruhelosen Gärtner in der Christuskirche
am Samstag, 19. Mai 2023
Berchtesgaden – Beschwingte Musik und Literatur zum Schmunzeln hatte die Vorschau versprochen. Das gab es alles am »frühlingshaft frischen und unterhaltsamen« Abend in der Christuskirche. Für ersteres sorgten das Bläserquartett »Mascha Brass« und Organistin Monika Nestle, für die literarische Gartenarbeit Christoph Merker. Die Musiker boten einen Melodienreigen der besonderen Art, weil Bekanntes und sehr Bekanntes für Bläser arrangiert eben anders und vielfach überraschend klingt.
Das Repertoire von Mascha-Brass, das sind Renate Hauber (Trompete), Stephanie Greiner (Saxophon), Hans Roth (Horn), Wolfgang Greiner (Posaune) und Wolfgang Hauber (Cajon), ist ein umfang- und facettenreiches. Eröffnet wurde das Konzert mit einem bekannten (und viel gespielten) Stück der Klassik: dem Rondeau von Jean Joseph Mouret, dem mit »Saint Triphon« von Arthur Ney ein Ausflug in die Militärmusik folgte. Und so ging es fort mit schwungvoller und oft fein abgestimmter Blasmusik. Der sanfte Ohrwurm »Jamaica Farewell«, der natürlich sofort an Harry Belafonte denken lässt, war schon fast der Auftakt zum rasanten Finale, das eine ganze Reihe klangvoller Komponistennamen in den Kirchenraum holte.
Zwischendrin konnte Monika Nestle brillieren. Mit dem »Marche Ponteficale« von Jacques Nicolas Lemmens beispielsweise, der feierlich kräftig einsetzt und sich dann in fast periodisch leisere getragene Töne zu verlieren scheint, um dann wieder in festlich und beinahe majestätischem Klang zu triumphieren. Für die Organistin ein Heimspiel, das sie wunderbar nutzte. Auch mit »Dance With Me« von Michael Schütz, einem fast anschmiegsamen, durchaus poppigen Stück, das eindrücklich nachwies, dass die Orgel wesentlich mehr vermag, als holprig-trägen Kirchengesang zu begleiten.
Die Arrangements von Wolfgang Greiner, und es waren sehr viele, sind auf eine gewisse Spritzigkeit gezielt. Manches klang auch, obwohl bekannt, erfrischend neu. Bei manchen Titeln musste man allerdings erkennen, dass sich nicht jede Melodie leicht und einprägsam in ein ganz anderes Klangbild adaptieren lässt.
Ein »Kleiner grüner Kaktus« ist eben im Kopf des Zuhörers mit den Comedian Harmonists verknüpft und kaum durch Posaune und Hörn zu ersetzen. Hier muss allerdings gesagt werden, dass die Übertragung mancher Titel auf das Bläserquartett durchaus viele schöne Klang-Aspekte in den Kirchenraum schickte, die angenehm aufhorchen ließen. Der Kaktus soll das Stichwort sein, um auf den Gärtner zu kommen, nicht diesen als Mörder wie von Reinhard Mey besungen, sondern in Gestalt von Christoph Merker, dem Multitalent unter den regionalen Kultur-Menschen. Er schreibt, er malt, er lehrt und er konferiert, wobei die Liste damit längst nicht abgearbeitet ist.
Und einen Mörder hatte er tatsächlich im Repertoire, eine Mörderin, um genau zu sein, die sogar unzweifelhaft die Sympathien der Zuhörer auf ihrer Seite hatte. Zuvor aber erzählte Merker amüsant und auf Pointe bedacht, von anderen schönen und unschönen Dingen, die der Garten als Tatort hergibt. Beispielsweise davon, dass der Gärtner das Verlassen seines angetrauten Geländes nicht verlassen will und sich den Bärlauch genau dort hin holt, nicht bedenkend, dass es Pflanzen gibt, die sich rasch vermehren und allem anderen durch Überwucherung den Garaus machen.
Von den Blumen und noch mehr Gemüse liebenden Schnecken berichtet Christoph Merker, jenen »schleimigen Abgesandten der Hölle«, gegen die kaum eine Strategie hilft und den Gärtner erst in den Wahnsinn und dann zum Schneckenkorn treibt. In Merkers Garten ist auch der kategorische Imperativ zu Hause, der gilt »ohne jede Bedingung und ohne Rücksicht auf einen bestimmten Zweck«. Beispielsweise dieser: »Du sollst dein Publikum nicht überfordern.« Weil es nicht wie der Verfasser möglicher bühnentauglicher Gags nicht gleich ein Lexikon oder Google verfügbar hat.
Vom großen Gärtner »dort oben« berichtet der Conferencier, der die Lilien auf dem staubigen, schattenlosen Feld prächtig wachsen lässt, ohne sich um die eigentlichen Regeln zu kümmern und von der bescheidenen Akelei, die stets dort auftaucht, wo sie der durchstrukturierte Gartenbauer nicht haben will. Und dann kommt endlich Roswitha, die lebenslang geplagte, geschulmeisterte und unterdrückte Gärtnersgattin, die über großes, wenn auch nicht anerkanntes Pflanzenwissen verfügt und sich aus der atemraubenden Klammer, die ihr Gatte Herbert angelegt hat, befreit. Natürlich vegan, mit den dekorativen Blüten des Eisenhuts; Herbert, der eigentlich alles wusste hat sicherlich den Fehler erkannt, aber zu spät. Und eine Korrektur war ihm auch nicht möglich.
Musikalisch setzte Mascha-Brass den Reigen mit George Gershwin fort, ließ dann Inspektor Clouseau im Altarraum den »Pink Panther« suchen und nach dem erwähnten possierlichen Kaktus gab es noch »Vielen Dank für die Blumen« von Udo Jürgens. Weder Tom noch Jerry ließen sich blicken und auch nicht mehr Christoph Merker.
Applaus gab es von den Zuhörern reichlich für eine ebensolche gute Stunde Unterhaltung, für die Blechbläsern, Organistin und Sprecher gemeinsam zu danken ist.
Text: Dieter Meister, Fotos: G. Kühlewind