Am 5. Februar 2024 berichtet Dieter Meister im Berchtesgadener Anzeiger:
Kirche kann durchaus humorvoll sein
Kabarett mit dem »Weißblauen Beffchen« in der Aula des Gymnasiums Berchtesgaden am 28. Januar 2024
Berchtesgaden – Die meisten Menschen, so ist mindestens zu vermuten, werden die lustigsten Momente ihres Lebens wohl nicht mit Kirche und schon gar nicht mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer in Verbindung bringen. Aber manche können auch anders, von der eigentlichen Mission losgelöst, auf der Bühne als Hobby-Kabarettisten. Das bewies ein Quartett aus Kirchenleuten in der Aula des Berchtesgadener Gymnasiums bei einer Schulveranstaltung, die von den Fachschaften Deutsch und Religion organisiert wurde. Das »Weißblaue Beffchen« jedenfalls lockte viele an, die neugierig waren auf die Symbiose aus Kirche und Humor. Unabhängig von der Konfession, denn auch in den katholischen Gottesdiensten bleibt wohl der erheiternde Aspekt in der Regel auf der Strecke.
Weil sie im Alltag räumlich weit auseinander sind, treten sie nur selten gemeinsam auf. Umso erfreulicher, dass es Dr. Josef Höglauer gelungen ist, seine Kolleginnen und den Kollegen zur Reise nach Berchtesgaden zu bewegen. Denn was diese vier auf der Bühne zu bieten haben, ist mehr als bemerkenswert und ausreichend für einen Abend, an dem sich die Lachmuskeln des Publikums durchaus austoben dürfen.
»Raus aus dem Pfarradies« heißt das aktuelle Programm, in dem das »geistliche Quartett« mit anspruchsvollen Texten und viel, oft hintergründigem, Witz den Geist des evangelischen Gemeindealltags auf die Bretter bringt und nicht selten karikiert. Pfarrersfrauen, auch ohne eigenen Beruf, beherrschen die (kirchliche) Welt, denn nichts macht glücklicher als Pfarrfrau zu sein, ist die erste Botschaft der Kabarettisten. Weil sie in der Blase Pfarrhaus und im Außenbereich den Ton an- und vorgeben, nachdem der Gatte das Gemeindeleben ausrichtet. Unbedingt ausrichten muss.
Evangelische Kirchenkassen sind oft nicht prall gefüllt und so wird der »Ba-ba-banküberfall« der Ersten Allgemeinen Verunsicherung zum möglichen Ausweg aus der finanziellen Misere, der umschwenkt auf ein vermutlich weit fruchtbareres und abzuerntendes Finanzfeld: den Vatikan. Überhaupt ist der musikalische Teil des Quartetts anscheinend unbegrenzt. Josef Höglauer und Anne-Bärbel Ruf-Körver, dazu Irene Geiger-Schaller und Hannes Schott haben sowohl das Kirchengesangbuch als auch Kinderfilme, Pop- oder Rockcharts nach geeigneten Melodien durchstöbert, nach Eingängigem, und lassen es in meist gekonnter Interpretation erklingen.
Zwei Pfarrerinnen und ebenso viele männliche Kollegen aus ganz Bayern, so verrät ein Folder, haben sich zum Quartett zusammengefunden, das zwischen Kabarett, Comedy und Bühnenshow fließend und stets mit Überzeugung zu wechseln vermag. Irene Geiger-Schaller, die als Pfarrerin in Oberhaching arbeitet, und Anne-Bärbel Ruf-Körver, eigentlich eine Fränkin, deren Lebens- und Berufsmittelpunkt derzeit jenseits bayerischer Grenzen, in Mainz, liegt, wo sie sich möglicherweise auch mit »Weiterbildung« durch Lektionen karnevalistischen Humors vervollkommnen kann. Sie ist außerdem die virtuose Geigerin des beffcheninternen Orchesters, das zur anderen Hälfte aus Berchtesgadens Pfarrer Dr. Josef Höglauer besteht, dem Mann am Klavier, dem Liedbegleitungen und Zwischenspiele leicht aus den Fingern zu fließen scheinen. Der Vierte im Bunde ist Hannes Schott, Pfarrer in Nürnberg und der Sänger mit der einschmeichelnden Stimme, die er prachtvoll zu nutzen versteht. Beispielsweise, wenn er als südafrikanische Schmalzbeule auftritt.
Im Original war es ein schöner Schmetterling, der den damaligen Sänger faszinierte. In der Version von Hannes Schott, dem der Ruf, einer der besten Howard-Carpendale-Imitatoren Bayerns zu sein, vorauseilt, ist es ein schöner, nicht mehr ganz junger Mann, mit dem »jeder Tag schön war«: der einstige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, auf dessen Amtszeit das »normale« Publikum, war deutlich zu merken, einen anderen Blick zu haben scheint als ein »Kirchenmann«. Und Schott bewies zudem, dass er dies auch noch stimmlich wie optisch prächtig auf die Bühne bringen kann. Was zu diesem Zeitpunkt niemanden mehr verwunderte. Auch nicht das Können seiner Mitstreiterinnen und des Mitstreiters.
Aktuelles fehlt nicht. Auch im oberbayerischen und fränkischen Himmel muss Energie gespart werden. Die Hölle ist mit arg gedrosselter Feuertemperatur nicht mehr der Schreckensort von einst. Der lustlos gewordene Teufel (köstlich Frau Ruf-Körver) schmeißt hin und nimmt Urlaub. Das mag vielen eine gute Nachricht sein.
Text: Dieter Meister; Fotos: Wolfgang Sauer